Schlagworte: Datenschutz

Am Pranger

ODESSA, UKRAINE Mal wieder etwas aus der Reihe, wie ernst in der Ukraine der Datenschutz genommen wird. In der Hofeinfahrt hängt seit gestern dieser Zettel:

Darauf stehen 36 Personen, die in der Troizkaja Straße 28 wohnen und offenbar Schulden haben. Und damit sich auch bloß niemand nicht angesprochen fühlt, trägt jeder dieser 36 Vor-, Vaters- und Nachnamen. Wem Geld geschuldet wird, ist mir unklar, weil ein Wütender (oder auch sehr Vernünftiger) das Schreiben so gekürzt hat, dass der Absender mittlerweile fehlt. Und ehe Sie jetzt denken, ich würde mit dem Finger auf andere zeigen: Ich stehe auch auf der Liste, ich bin der zweite von oben. Meine Schulden betragen 162,04 Griwna. Damit bin ich immerhin der Zehntbeste. Der Sieger bringt es auf 1512,80 Griwna. Letzte ist Nina mit acht Kopeken.

Okay, eigentlich steht dort nicht mein Name, sondern nur der des Sohnes meiner Vermieterin. Ich weiß nicht genau, ob es Altschulden des Sohnes sind oder doch ich irgendwo im Rückstand bin. Es ist alles viel komplizierer, als Sie sich vorstellen können.

Am besten ich tauche ich mal ein paar Tage in Kiew unter – bis Sonntag, vielleicht.

Datenunschutz und Kunst im öffentlichen Raum

ODESSA, UKRAINE Ich will Ihnen schnell zeigen, wie ernst in der Ukraine der Datenschutz genommen wird:

Das ist die Lehranstalt für Schwesterschülerinnen in der Puschkinstraße im Herzen Odessas. Und die weißen Zettel sind Prüfungsergebnisse und Zeugnisnoten. Vor jeder Zensur und jeder Punktzahl steht der Name der Schwesternschülerin. Das ist einerseits relativ praktisch, es erspart diese “Und was hast du? Sag schon!”-Anrufe der Mitschülerinnen. Andererseits bin ich ganz froh, dass in meiner Studienzeit hinter meinen Noten, die ausgehängt waren, nur meine Matrikelnummer stand.

Und wo wir gerade in der Puschkinstraße sind – so ernst wird in der Ukraine der Schutz wertvoller Kunstgüter genommen:

Hier werden Bilder aus dem frisch renovierten Museum für westeuropäische und orientalische Kunst (Hausnummer 9) geschafft – und das auf die denkbar professionellste Weise. Bitte beachten Sie unbedingt den Motorroller auf dem Anhänger. Ich verstehe jetzt ein bisschen besser, wie vor 13 Monaten aus diesem Museum  Caravaggios “Judaskuss” (geschätzter Wert: 100 Millionen Dollar) hat verschwinden können. “Der Täter habe die Fenster im Museum so geschickt geöffnet, dass der Alarm nicht losgegangen sei, erklärte der städtische Polizeichef.”

Na klar.

(Ich frage mich bis heute, warum sich der Dieb so viel Mühe gemacht hat. Er hätte das Gemälde doch einfach abnehmen und heraustragen können. Als ich im Museum war, saßen dort nämlich bloß drei steppummantelte Großmütter. Aber ich will niemanden auf Ideen bringen.)