Kiewer Dachschaden
ODESSA, UKRAINE Hauptstadtoberbürgermeister neigen zur Schrägheit.¹ Es gibt aber Ausnahmen. Leonid Tschernowezki, der Herrscher über Kiew, ist ein Visionär, er hat revolutionäre Ideen. So will er den Fuhrpark seines Amtes verkaufen, die Posten der Stadtbeamten versteigern und Bürger nur noch zur Sprechstunde empfangen, wenn sie 100000 Dollar bezahlen. Die Eintrittsgebühr für Friedhöfe hat er sogar schon durchgesetzt.
Doch wie das nun mal ist mit Visionären – sie werden angefeindet. Das ukrainische Parlament hat jetzt eine ad-hoc-Kommission gebildet, um am Oberbürgermeisteroberstübchen einen Dachschaden nachzuweisen. Unterstützt vom Gesundheitsministerium, fordert sie ein psychiatrisches Gutachten – sollte es negativ ausfallen, könnte der Visionär seines Amtes enthoben werden.
Der Politiker, natürlich Millionär, verteidigte sich, wie es in anderen Kulturen undenkbar wäre. Er lief im Dynamo-Stadion 400 Meter, machte 15 Klimmzüge und schwamm eine Bahn im Schwimmbad. Danach posierte er für Fotografen in einer violetten Badehose und in Schwimmbadschlappen, zeigte seine Hauptstadthühnerbrust und sagte: “Schaut euch meinen Körpern an, kann ich nicht normal sein?” Generell denkt er in ganz großen Dimensionen über sich: “Fähige Leute haben Eigenarten. Genialität grenzt häufig an Wahnsinn.”
Dass ausgerechnet das Parlament – Kiews größter Boxring – das Stadtoberhaupt nicht für normal hält, ist natürlich eine schöne Schlusspointe.
¹ Denken Sie nur an Londons Ex-Bürgermeister Ken Livingstone, der US-Präsident George W. Bush “die größte Bedrohung für das Leben auf diesem Planeten” nannte. Für Berlins Regierenden Klaus Wowereit führe ich erst gar keine Belege an.