Erster Außendreh (mit Sozialisten)
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=2TBZwG_8-lg[/youtube]ODESSA, UKRAINE So sieht es also aus, wenn die fortschrittlichen Sozialisten der Ukraine in Odessas Zentrum gegen die Nato demonstrieren. Man beachte den Clown in der ersten Reihe. Der Sinn seines Mitwirkens ist noch ein Rätsel, und nur deshalb bleibt diesem Text eine nahe liegende Gemeinheit wie „Zirkusnummer” erspart. Ein weiteres Foto verrät, wie es Parteimitgliedern und Sympathisanten gelungen ist, die viel befahrene Uliza Preobrazhenskaya unverletzt zu überwinden. Um die Deribasowskaya, Odessas sehr breite Flaniermeile, zu erreichen, wählten sie nicht den Zebrastreifen, sondern den Fußgängertunnel, so dass für Sekunden die Rufe gegen die Nato und den ukrainischen Präsidenten Wiktor Juschtschenko verstummten.
„Ich schwöre, dass wir unser Leben ändern werden!”, hatte Juschtschenko bei seinem Amtsantritt am 23. Januar 2005 gesagt. Er gilt als Freund des Westens und der Nato. Das macht ihn zum Feind der fortschrittlichen Sozialisten, die von einem Großreich mit Russland und Weißrussland träumen.
Nun ist es aber, erstens, nicht so, dass die Nato das größte Flächenland Europas immerfort und geschlossen zum Mitmachen drängt. Erst jüngst hat Bundeskanzlerin Angela Merkel, auf Stippvisite in Kiew, eine Aufnahme der Ukraine in das Qualifizierungsprogramm für unbestimmte Zeit abgelehnt. Sie wünscht sich allenfalls eine langsame Annäherung an die Europäische Union.
Zweitens müsste die einstige Sowjetrepublik, seit 1991 unabhängig, augenblicklich andere Sorgen haben. In Korruptionsstatistiken belegt sie regelmäßig Spitzenplätze. Das schreckt ausländische Investoren genauso ab wie die Inflation, die bei 30 Prozent liegt. Zeitungen berichten täglich von Preisexplosionen. Für Angst sorgt vor allem die anstehende Verteuerung des Sprits auf sieben Griwen. Aktuell kostet der Liter 6,50 Griwen, umgerechnet 90 Cent.
In Umfragen spricht sich regelmäßig die Hälfte der Befragten gegen eine Nato-Mitgliedschaft aus. Ein unverkennbarer Riss teilt bei diesem Thema das Land: Die Bürger im Westen sehen die Zukunft in Europa, Leute im Osten und in der Schwarzmeerregion sympathisieren mit dem autoritären Russland und dessen Energiereichtum. Ein Sprichwort greift die Abhängigkeit vom russischen Gas auf: „Wohin steuert die Ukraine? Im Sommer nach Westen – und im Winter nach Osten.”
Es ist mein erster Außendreh gewesen, ich kann das besser. Michael Ballhaus bin ich aber auch nicht.