A Trolleybus Named Desire

JALTA, UKRAINE Wenn ich richtig rechne, hat mich jeder der 86,5 Kilometer im Trolleybus von Simferopol nach Jalta 0,1387283236994219653179190751445 Griwna gekostet. Das sind 13,87283236994219653179190751445 Kopeken, also nach heutigem Wechselkurs 0,0131irgendwas Euro oder 1,3 Cent und ein paar Zerquetschte. Das Ticket für die längste Trolleybusstrecke der Welt kostete zwölf Griwna, und die Fahrt dauerte etwas mehr als zweieinhalb Stunden. Vielleicht wären wir unter 150 Minuten geblieben, wäre nicht alle 20 Kilometer das Kabel vom Bus hinauf zur Stromleitung abgerissen. So aber musste der Fahrer viermal hinausklettern, mit einem Läppchen, das er sich vom Armaturenbrett gegriffen hatte, und den Schaden beheben. Ich müsste mir das Abenteuer, diese Berg-und-Talfahrt entlang herrlicher Natur im Nachhinein also gar nicht schönrechnen.

Ein paar Kilometer vor Jalta gab es überdies noch einen Stau: Vier Trolleybusse standen Schlange, weil auf diesem Abschnitt der Strom ganz ausgefallen war. Es ging aber so schnell weiter, dass ich kein Zeit hatte, ein Foto zu machen. Unter der Hitze, dem Gebrumme und Geklapper ächzten alle. Besonders die Kinder hatten sich irgendwann nicht mehr unter Kontrolle, sie schrien und nervten die Passagiere – dummerweise waren es meine Kinder. Sie können mich einen Rabenvater und Egoisten nennen – aber ohne diese Tour wäre mein Leben ärmer. Und zurück von Jalta habe ich auch ein Taxi gewählt, was die Fahrzeit halbierte. Da kostete der Kilometer übrigens 3,4682080924855491329479768786127 Griwna.

Als viel unbequemer sind mir die zwei zwölfstündigen Fahrten mit dem Nachtzug in Erinnerung. Von Odessa nach Simferopol gab es auf keiner Toilette Wasser, und zurück stampfte dann eine eindeutig zu schwere Schaffnerin fortwährend den schmalen Gang des Abteils entlang und brüllte, was sie den Reisenden anzubieten hatte: “Чай, кофе, холодное пиво!”* Sie brüllte es abends um elf, morgens um sieben und sogar noch 20 Minuten vor der Ankunft in Odessa. Wasserflaschen hatte sie natürlich nicht in ihrem Kämmerchen.

* “Tee, Kaffee, kaltes Bier!”

3 comments

  1. cw

    Guido, willst Du andeuten, dass sie lügt? Das Bier war wirklich kalt. Es gibt sogar ein “Bordrestaurant”. Ich hatte eine ziemlich genaue, falsche, wohl deutsche Vorstellung. Das Bordrestaurant ist ein Handwagen, den ein Mann durch die Abteile zieht oder schiebt. Er verkauft Wasser, Cola, Eistee, Säfte, Chips, Schokolade und natürlich auch kaltes Bier.

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