Schlagworte: Selbstreferenz

Axel Scherm antwortet Oleg

ODESSA, UKRAINE Auf die großen Meister ist eben Verlass: Kaum habe ich den Kolumnistenkollegen Axel Scherm gefragt, ob mein Freund Oleg bei ihm am Sonntag über Skype die bayerische Landtagswahl schauen darf, ist die Antwort schon da. Natürlich hat Axel kolumnistisch geantwortet, ist schließlich ein Profi, der Mann. Ich muss allerdings gestehen, dass ich den Text noch nicht gelesen habe, ich kenne weder Überschrift noch Pointendichte, noch die Geschichte. Ich vertraue.

Jetzt besuche ich Axel, fotografiere in der guten Stube ein bisschen herum und überrede den Kollegen zur Blogsbrüderschaft. Würden Sie mir bitte folgen. Ich geh vor.

(Ich bin gleich zurück.)

Ich bin wieder da. Es war sehr schön bei und mit Axel. Natürlich hat er mich nicht enttäuscht. Sein Text “Wer die Wahl hat…” ist toll. Allerdings müsste einer von uns beiden vor dem nächsten Blogsperiment noch mal neu tapezieren, wie der Schnappschuss beweist, den ich mitgebracht habe den Axel mir gerade geschickt hat, weil meine Aufnahme von abscheulicher Qualität ist.

Und falls Sie immer noch nicht bei Axel Scherm waren, dieser Auszug dürfte das ändern.

Jetzt stöpsel ich schon eine Stunde an dieser verfluchten Kamera herum und es will und will kein Bild auf dem Bildschirm erscheinen. Wahrscheinlich bastel ich das ganze Wochenende und am Sonntag um 18:10 Uhr stell’ ich fest, dass ich vergessen habe, zur Wahl zu gehen. So weit kommt es noch. Mehr

Korrekturkolumne: Ich bin ein Staatsfeind

ODESSA, UKRAINE Mein Freund Oleg redet nicht mehr mit mir, weil ich Schande über die Ukraine gebracht haben soll. Ich dachte zunächst, er meine die Korruptionskolumne “Oleg ist dabei”, ich wollte mich verteidigen und sagte, ich hätte sie schreiben müssen und sei von den Lesern gezwungen worden. “Sie wollten immer mehr Honig, Oleg, wir feierten doch die Korruptionswoche in meinem Blog, Oleg, die Stimmung war prächtig. Oleg, bitte glaub mir. Außerdem ging es doch fast gar nicht um dich, sondern mehr um die Bären in Odessas Zoo.”

Oleg meinte aber meine Nachricht “Die schöne Tochter von Lady Ju”. Witalina (27) im Hochzeitskleid auf dem Laufsteg in Mailand hatte ich schon verdrängt. Ich bin ja ohnehin ziemlich vergesslich.
“Du hast Julia Timoschenko ein Kind gemacht, du Schuft! Sie ist eine Heldin. Sie hat die Orangene Revolution erkämpft”, schrie Oleg heute Nachmittag. “Du hast unserem Präsidenten Wiktor Juschtschenko, einem Maladjez, die Tochter genommen, du kranker Kolumnist.”
“Ich habe aus der Präsidententochter die Ministerpräsidentinnentochter gemacht, ist das unverzeihlich? Kann das nicht mal passieren?”, fragte ich.
“Ja! Nein! Du beleidigst ein stolzes Volk.”
“Ich habe etwas verwechselt, ich habe nicht aufgepasst, ich habe mich auch entschuldigt. Du schimpfst immerzu auf Timoschenko und Juschtschenko. Bei dir sind sie keine Helden und Prachtkerle. Ich dürfte nicht mal zitieren, was du über sie sagst.”
“Ich darf das, ich bin ein Ukrainer”, sagte Oleg. Danach kam dieser Satz von der Schande.

Skatbruder Heinz Moltke und die gerupfte Gans

Es gibt Statistiken, wonach jeder Lokführer zweimal im Leben mit seinem Zug ungewollt einen Selbstmörder überrollt. Journalisten erleben ähnliche Tragödien. Sie können Tote über Nacht wieder zum Leben erwecken, bloß dankt es ihnen niemand. Bei mir war es der Klassiker: Man holt ein Foto aus dem Archiv, von einem Skatabend zum Beispiel, um die Leser zur Teilnahme am Herbstturnier aufzurufen, und schreibt unter das Bild, Heinz Moltke habe im Frühjahr souverän gewonnen und hoffe wieder auf gute Karten. Wenn das Zeitungsarchiv gepflegt wird, findet man sogar noch das Foto des Siegers bei der Preisübergabe. Bei mir hatte Heinz Moltke eine schon gerupfte Gans im Arm. Er lachte.

Am nächsten Morgen, gerade in der Redaktion eingetroffen, hat man eine aufgelöste Frau am Telefon, genauer gesagt: die weinende Witwe Moltke. Da hilft dann nur: der beste Blumenstrauß, den der teuerste Florist im Ort für Geld binden kann, und ganz viel Demut. Ausreden sind absolut unangebracht und wirken verheerend. Bei Kaffee und Kuchen, natürlich vom Verursacher der Tränen gekauft und vorbeigebracht, erzählt Frau Moltke einen Nachmittag lang ihre Lebensgeschichte vom ersten bis zum letzten Tanz mit Heinz. Am Ende dieses mehrstündigen Monologs klagt man trotzdem nicht. Man dankt Gott für seine Güte und Milde, auch wenn man Atheist ist.

Juschtschenko und mein Blog

Vor einer Stunde habe ich Oleg angerufen, ich brauchte seinen Rat. Oleg meldete sich nicht mit seinem Namen, wie er es sonst tut, er nahm den Hörer ab und sagte gleich: „An deiner Stelle würde ich ein bisschen aufpassen, wenn ich auf die Straße gehe.”
„Liest Juschtschenko mein Blog?”
„Nein”, sagte Oleg.
„Ein Glück.”
„Natürlich lässt er lesen. Er ist der Präsident.”
“Oleg, hör mal bitte zu. Soll ich Juschtschenko und Timoschenko Blumen oder besser Kuchen schicken?”, fragte ich.
“Glaub mir, mein Freund, den Strauß, der dich retten könnte, den gibt es nicht. Und Kuchen würde ich dem Präsidenten erst recht nicht schicken. Andrejewitsch ist seit diesem Vorfall, du weißt schon, sehr vorsichtig geworden. Du kennst mich nicht, ja?”

Ich hoffe, ich habe jetzt als Journalist genug Tragödien angerichtet und werde nie mehr einen Toten zum Leben erwecken müssen. Wann immer ich Skat spiele, denke ich an Heinz Moltke (†) und die gerupfte Gans in seinem Arm.

Ich greife zur Schaufel

ODESSA, UKRAINE: Ich grabe mal schnell ein ganz tiefes Loch zum Drinversinken. Natürlich ist die Hübsche da unten nicht die Tochter von Regierungschefin Julia Timoschenko, sondern von Staatspräsident Wiktor Juschtschenko. Mein Kollege Andreas Solf hat mich auf diesen Unsinn gerade aufmerksam gemacht. Ich hätte gern eine gute Erklärung zur Hand. Da mir die aber fehlt, ist dort jetzt die Schaufel. Juschtschenko und Timoschenko zu verwechseln – das tut richtig weh.

Dabei habe ich die Geschichte gestern und heute ja in der Zeitung gelesen.

Ich lass den Fehler drin – als Lehrstück, wie man eine schöne Nachricht aufhübscht und ruiniert. So, das Loch ist tief genug.

Kolumnist geht fremd

Jetzt wird es ein bisschen selbstreferenziell, es muss aber sein. Ich will niemanden aus meinem Odessa-Blog vertreiben, jeder darf sich hier so lange aufhalten, wie er will. Ich empfehle trotzdem einen Abstecher. Meine neue Kolumne Zukunft in Zeiten der Humorinflation ist heute auf Kolumnen.de erschienen. Ich bin in den Kreis der Autoren aufgenommen worden und werde gelegentlich fremdgehen. Es gibt keinen Grund zur Sorge. Ja, Oleg ist einverstanden, er wollte das Bildschirmfoto so groß. Ich verspreche, in Zukunft fällt die Werbung in eigener Sache etwas dezenter aus.