Putwedjew und die Krim
Auf Süddeutsche.de steht heute das sehr schöne Stück “Da war doch Puschkin: Russland und sein verlorenes Imperium”. Wer verstehen will, warum die Russen und Putwedjew die ukrainische Krim so lieben, sollte diese Seite mal kurz verlassen. Spannender lässt sich Geschichte kaum erzählen.
Spannender Artikel, wenn man frei nach Ranke auf die Geschichte großer Männer steht. Er ist ziemlich einseitig und schlägt sich sehr auf die slawophile Seite. Und die geht ungefćhr so: “Умом Россию не понять, Аршином общим не измерить: У ней особенная стать — В Россию можно только верить.”
Finde ja persönlich, dass weder Rußland noch die Russen auf die Couch gehören. Aber zu Phantomschmerzen und der verlorenen Unabhängigkeit Rußlands 1991 (im Gegensatz zur gewonnenen der anderen 14 Sowjetrepubliken) wurde ja genug Papier beschrieben.
Mal eine ketzerische Frage hinterher: Wieso gibt es eigentlich ausgerechnet soviele Deutsche (auch historisch gesehen) Rußlandversteher? Habe nicht das Gefühl, dass in anderen Ländern mit soviel Mitgefühl über das Land berichtet wird.
@ nabab: Über die Aussage kann man streiten, aber ich finde auch das macht eine Lektüre spannend. Der Autor hat einen Standpunkt und erklärt ihn. Und dass er eine Geschichte großer Männer erzählt, würde ich ihm nicht vorwerfen. So ist heute der Journalismus. Journalisten personalisieren, weil sich so Kompliziertes verständlicher erzählen lässt.
Zu Ihrer “ketzerischen Frage”, warum es so viele deutsche Russlandversteher gebe: Ist das so? Gibt es nicht genauso viele Frankreich-, Italien- und Spanienbewunderer unter den Deutschen?
Falls Sie Recht haben, habe ich die Erklärung: deutscher Minderwertigkeitskomplex seit 1945. Der Deutsche, von Ausnahmen abgesehen, macht sich klein und schaut auf, hört anderssprachige Musik und tanzt Samba, obwohl das blöd aussieht. Ich beobachte das jedenfalls und verstehe es auch aus historischen Gründen.
Ich glaube, Russland fasziniert die Deutschen, jeder hat da ein Bild: Wodka, Kreml, Gorbi, Goldene Kuppeln, Roter Platz, Sibirien, Ural. Zugleich hat kaum jemand dieses Land mal selbst erkundet. So bleibt Russland der unbekannte Riese.
Hinzu kommt die lange gemeinsame Geschichte und der tiefe Glaube, Russland sei eine Kultur- und Geistesnation (Dostojewski, Tolstoj, Puschkin, Gogol, Kasparow…).
Aber schauen Sie mal, wie die deutschen Zeitungen im Kaukasuskonflikt auf Russland einprügeln. Die SZ spricht heute noch mal vom russischen “Landraub” in Georgien.