Juschtschenko vor dem Abflug

ODESSA, UKRAINE Ich würde sie wahrscheinlich nicht wählen, wenn ich dürfte, aber ihre Aktion finde ich durchaus großartig, zumindest originell. Die Kommunistische Partei der Ukraine sammelt Geld, um Präsident Wiktor Juschtschenko ein Flugticket nach Amerika zu spendieren, damit er endlich verschwindet. Das Motto ist: “Ющенко – чемодан – Америка!” – “Juschtschenko – Koffer – Amerika!” Die Aktion hat am 10. Februar in Odessa begonnen. Bis zum 23. Februar werden die Kommunisten mit einem Flugzeug auf einem Hänger durchs Land fahren. Die Tour endet in Kiew.

Parteichef Petro Symonenko sagt übrigens:

Ich bin überzeugt, dass die Aktion am Ende nicht nur das Parlament, die Werchowna Rada, zwingen wird, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Juschtschenko einzuleiten, sondern auch ihn und seine oligarchisch-nationalistische Umgebung von der Macht zu entfernen.

Und warum Amerika? Zum einen hat Juschtschenko eine amerikanische, wenn auch ukrainischstämmige Frau. Zum anderen sind viele Ukrainer überzeugt, der Präsident sei in Wahrheit ein “US-Spion” und seine Frau eine Ex-Agentin der CIA. Juschtschenko hat dies immer wieder bestritten, so Ende 2004 in einem Zeitungsinterview:

“Iswestija”: Ihre Gegner halten es für nicht normal, dass die Ehefrau des künftigen Präsidenten der Ukraine Amerikanerin ist, die außerdem im Weißen Haus gearbeitet hat. Es heißt, Kateryna Tschumatschenko habe bei der CIA gearbeitet und sie angeworben…

Juschtschenko: Meine Angehörigen wurden Opfer der antiamerikanischen Stimmungen, die in der Ukraine in den letzten Monaten geschürt wurden. Meine Gegner setzen die Staatsangehörigkeit meiner Ehefrau gegen mich ein. Was ist sie denn für eine Amerikanerin, wenn ihr Vater, Mihajlo Tschumatschenko, im Dorf Sajziwka im Donbass geboren wurde und ihre Mutter im Dorf Lypky bei Kiew? Mein Schwiegervater kam während des Krieges in ein KZ und wurde in einem deutschen Steinbruch eingesetzt. Die Schwiegermutter wurde nach Deutschland vertrieben. Dort haben die beiden sich kennen gelernt, haben paar Wochen vor dem Sieg geheiratet und sind später nach Amerika, nach Florida, gegangen. Kateryna lebt bereits seit 13 Jahren in der Ukraine. Seit 1999 wartet sie auf die ukrainische Staatsangehörigkeit. (…) Unsere älteste Tochter ist fünfeinhalb Jahre alt, der jüngste Sohn sieben Monate. Wie kann man denn mit so vielen Kindern auf den Händen Spionagetätigkeit betreiben?

Nun sind die Kommunisten nicht unbedingt eine starke Kraft. In Umfragen liegen sie bei fünf Prozent. Angesehener als Juschtschenko sind sie aber allemal. Im Dezember 2008 hat das Fom-Ukraine gefragt, welcher Politiker am ehesten die Weltfinanzkrise meistern könne – Premierministerin Julia Timoschenko, Oppositionschef Wiktor Janukowitsch oder eben der Mann ganz oben.

Das Ergebnis – keine Momentaufnahme:

18 comments

  1. Axel

    Lieber Christoph,

    kannst Du mal schüchtern anfragen, ob man besagtes Flugzeug ab dem 24. Februar bis zum Herbst mieten kann. Am besten gleich mit neuer Aufschrift:
    Merkel – Koffer – Uckermark.
    Ich würde den Flieger dann auch mit meinem Opel-Astra-Kombi durch Deutschland ziehen. Zum Abwracken ist das Auto leider ein Jahr zu jung.

  2. Silvergirl

    Lieber Axel,

    ich bin ja auch von der Kanzlerin enttäuscht, ihre Umweltpolitik bringt mich um den Schlaf. Aber ist sie wirklich so schlimm?

  3. hhheimat

    @cw:
    Was ist denn mit Ihnen los?
    Den kommunistischen Propagandaapparat finden Sie großartig, würden diesen wahrscheinlich nicht, was ja heißt, vielleicht doch, wählen.
    Aber AM finden Sie schlimm?
    @silvergirl:
    Wenn Sie die Umweltpolitik von AM schon um den Schlaf bringt, dann muß Sie die Umweltpolitik der restlichen Welt ja seit Jahren hellwach halten.

  4. Axel

    Ich will den Hannoveraner Hengst wieder zurück.

    Spaß beiseite:
    Ohne jetzt eine politische Grundsatzdiskussion entfachen zu wollen, bin ich doch der Meinung, dass sich die Ziele aus den politischen Mitten von rot nach schwarz nur marginal unterscheiden.
    Aber als Person, oder besser als Persönlichkeit kann ich dem sprechblasenabsondernden Hosenanzug mit missglückter Föhnfrisur beim besten Willen nichts abgewinnen und bin jedes Mal peinlich berührt, wenn er (der Hosenanzug) wieder einmal zu einer seiner händeaufschwingenden Durchhaltereden ansetzt.
    Frank-Walter ist da meiner Meinung wesentlich staatsmännischer.
    Aber ich gebe mich da keiner Illusion hin. Der nächste Kanzler trägt den gleichen Hosenanzug und der nächste Außenminister ist Junggeselle.

  5. cw

    @Axel: Ich möchte keinen juristischen Streit mit dem Auswärtigen Amt und bitte deshalb, den Herrn Außenminister in Zukunft nur noch Frank zu nennen und nicht Frank-Walter. Er wünscht das so. Danke.

    @hhheimat: “Kommunistischer Propagandaapparat”? Ich muss doch sehr bitten. Das ist doch die Sprache der Imperialisten. Kommunismus ist machbar, Herr Nachbar.

  6. hhheimat

    @cw:
    Machbar, Herr Nachbar:
    Und Sie sitzen mitten in den Ergebnissen einer kommunistischen Machbarkeitsstudie, deren Probanden vor Beginn der des Versuches nicht gefragt wurden , ob Sie mitmachen wollen. Und die, die sich über die Zwangsteilnahme beschwert haben, wurden eingesperrt oder tot geschlagen.
    Und die, von denen man vermutete, dass sie sich beschweren werde, hat man vorbeugend eingesperrt oder tot geschlagen.
    Und nun erzählen Sie mir nicht, dass wäre ja kein richtiger Soz. oder Komm. gewesen.

    PS:
    Auf http://www.rotfuchs.net finden sie liebe Nachbarn.

  7. Silvergirl

    @HH

    Wenn ich an den Zustand der Welt denke, wird mit bange, sehr bange. Drum frage ich mich ja, warum die Kanzlerin hier nicht stark geblieben ist. Das tut weh.

    @ Axel:
    Was ist staatsmännisch an Frank Steinmeier?

    @ CW
    Ich habe ja auch ein soziales Herz, aber ich verstehe den Herrn HH sehr gut. Gestern saß ich in einer Vorlesung, ein deutscher Professor wollte von seinen Kollegen wissen, wie sie denn die Situation in ihrem Lande saehen. Die Antwort: Ein feuchter Händedruck und “wir haben uns sehr gefreut, dass Sie unser Gast waren”.

  8. Silvergirl

    @all
    Noch was, das Einzige, was die Leute hier am KP-Chef interessiert, ist seine Liebschaft mit einer jungen Frau (Journalistin), die halb so alt ist wie er und außerdem Mutter seiner soeben geborenen Tochter

  9. cw

    @hhheimat: Mir hat die Idee der Kommunisten mit dem Flugzeug gefallen, unabhängig von Sinn oder Unsinn. Ich finde, der erste Satz meines Textes macht schon recht deutlich, wie viel ich von der Partei sonst halte. Dass ich sie “wahrscheinlich” nicht wählen würde, wie oben steht, heißt, dass ich sie wahrscheinlich nicht wählen würde. Ein Häuchchen Ungewissheit bleibt jedoch, weil ich nicht weiß, was ich als Ukrainer täte.

  10. Jörg

    … dem Janukowitsch fehlt ein “s”.

    Das war mein Wort zum Sonntag oder auch: “…und das, liebe Kinder, nennt man einen Klugscheißerbeitrag.”

    Was die Idee mit dem Flieger angeht… nicht schlecht! Sollten wir in D´land auch machen und unsere Politiker abfliegen lassen. Womit kann man eigentlich einen A-380 transportieren?

  11. Ping: Mail an den ukrainischen Präsidenten : Christoph Wesemann
  12. Ping: Bitte nicht stören! : Christoph Wesemann

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