19 comments

  1. hhheimat

    Brüder Grimm – Das alte Mütterchen

    Es war in einer großen Stadt ein altes Mütterchen, das saß abends allein in seiner Kammer: es dachte so darüber nach, wie es erst den Mann, dann die beiden Kinder, nach und nach alle Verwandte, endlich auch heute noch den letzten Freund verloren hätte und nun ganz allein und verlassen wäre. Da ward es in tiefstem Herzen traurig, und vor allem schwer war ihm der Verlust der beiden Söhne, daß es in seinem Schmerz Gott darüber anklagte. So saß es still und in sich versunken, als es auf einmal zur Frühkirche läuten hörte. Es wunderte sich, daß es die ganze Nacht also in Leid durchwacht hätte, zündete seine Leuchte an und ging zur Kirche. Bei seiner Ankunft war sie schon erhellt, aber nicht, wie gewöhnlich, von Kerzen, sondern von einem dämmernden Licht. Sie war auch schon angefüllt mit Menschen, und alle Plätze waren besetzt, und als das Mütterchen zu seinem gewöhnlichen Sitz kam, war er auch nicht mehr ledig, sondern die ganze Bank gedrängt voll. Und wie es die Leute ansah, so waren es lauter verstorbene Verwandten, die saßen da in ihren altmodischen Kleidern, aber mit blassem Angesicht. Sie sprachen auch nicht und sangen nicht, es ging aber ein leises Summen und Wehen durch die Kirche. Da stand eine Muhme auf, trat vor und sprach zu dem Mütterlein ‘dort sieh nach dem Altar, da wirst du deine Söhne sehen.’ Die Alte blickte hin und sah ihre beiden Kinder, der eine hing am Galgen, der andere war auf das Rad geflochten. Da sprach die Muhme ‘siehst du, so wäre es ihnen ergangen, wären sie im Leben geblieben und hätte sie Gott nicht als unschuldige Kinder zu sich genommen.’ Die Alte ging zitternd nach Haus und dankte Gott auf den Knien, daß er es besser mit ihr gemacht hätte, als sie hätte begreifen können; und am dritten Tag legte sie sich und starb.

  2. Nataliya

    … hat das Land Zukunft, wenn es solche Leute immer mehr gibt. Wenn man das ganze Leben arbeitet, in die Rente geht und ist gezwungen zu betteln? Wenn das Rentegeld nicht mal für Nebenkosten ausreicht…
    Die Bilder sind zum Weinen…

  3. Axel

    Eine sehr gute Serie ist Dir da geglückt, Christoph!
    Vor allem die Bilder mit dem McDonalds und dem rosa Auto mit den neugierigen Augen, die vermeintlich in die Kiste der alten Frau schauen, so als würden sie etwas erspähen, das sich das rechte Hinterrad des Rosamobils gleich schnappen wird.

    Aber Nataliya hat natürlich recht. Eigentlich sind die Bilder zum Weinen.

  4. Nataliya

    Jemand fährt rosanes Auto, der andere schiebt die Kiste, in der er all seinen Kram hat.
    Das erinnert mir irgendwie an unserem Leben. Niemand weiß, was auf ihn morgen wartet.
    Ach, Christoph, die Bilder sind total gut, um das Leben der einfachen Menschen zu beschreiben.(darf man zu diesen Bildern gut sagen…?)
    Meine Freunde sagen immer, man kann überall in der Welt das Leben verbringen, aber sterben muss man in Deutschland…

  5. iris

    @Nataliya,
    warum muß man in Deutschland sterben ? Ich finde es wichtiger, wie man sein Leben verbringt, egal wo !

  6. Nataliya

    liebe Iris,
    es geht um Medizin und Verhalten zu den alten Menschen.
    Es geht darum, dass die Medizin in der Ukraine “unentgeltlich” und die Leute keine Krankenversicherungen haben. Es geht darum, dass niemand kümmert sich um die alten Leute. Es geht schließlich darum, dass die ukrainschen Staatsbürger sozial unversichert sind!
    Wenn jemand krank ist, hat Pech. Wenn man kein Geld hat und kann die Ärzte nicht bestechen, hat man Pech. Die Ärzte bzw. Krankenschweter lassen die Kranken in Stich. Wenn man kein Geld für Arzneimittel hat, bekommt man in der Klinik auch nicht. Also, ich habe schon Angst, in der Ukraine krank zu werden…
    Ob die Krankenversicherungen in der Ukraine was bringen würden ist auch fraglich. Die Ärzte sind einfach dazu gewöhnt, oder die Leute selbst haben den Ärzten das beigebracht ohne Schmiergeld keinen Finger zu rühren…
    z.B. in Kiew muss man schon ofiziell an der Kasse VOR dem Ärztebesuch was zahlen. Das Geld fließt in die Budget. Aber nicht in die Taschen von den Ärzten. D.h. jetzt muss man 2 Mal zahlen:
    erstes Mal in die Kasse ofiziel
    und zweites Mal die Ärzte bestechen. Man nennt das in der Ukraine nicht bestechen, sondern dem Arzt danken…))))
    Und was sollen dann die alten, wie die Dame auf dem Foto, tun, wenn sie kein Geld haben?….

  7. iris

    Liebe Nataliya,
    dann hatte ich dich falsch verstanden, denn ich dachte, es ging ums Sterben ansich. Wegen diesen Zuständen, die du beschreibst, meinte ich, dass das ganze Land zum Weinen ist. Ich kenne es von früher (vor ca. 30 Jahren) und lebe heute auch schon 2 Jahre hier. Ich habe hier gute Freunde, sowohl in Kiew, als auch auf dem Land und es tut mir weh, wenn ich die Entwicklung verfolge. Ein Freund sagte mir mal, du hast es gut, du kannst irgendwann wieder zurück nach Deutschland. Er hat recht und ich weiß dieses Privileg zu schätzen. Aber wie, bitte WIE kann man diesem Land helfen ? Ich bin genauso ratlos, wie traurig!

  8. Nataliya

    liebe Iris,
    in der Ukraine zu Leben ist schwer, macht auch Spass, aber nur wenn man zurück nach Deutschland geht.
    Ich finde das Leben in der Ukraine nicht lustig. Ich persönlich sehe keine gute Zukunft für dieses Land.
    Die Regierung pfeift auf das AIDS-Problem, auf die sozialle Problemme.
    Und niemand kann den Urainern hier helfen, bis sie kapieren, dass sie SELBER was machen sollen/ müßen. Man muß doch nicht auf Geschenke vom Westen warten und sich klagen, wie es uns hier schlecht geht. Man muss was tun!!!
    Ich frage mich schon seit langem
    wann WANN wachen die Leute auf und gehen auf die Straßen und zeigen, dass sie die Leute sind und keine stummen Schäffchen. Es geht um Mentalität. Die Slaven klagen sich die ganze Zeit und machen nichts. Und bis die Leute das kapieren und selber was machen, anstatt auf die Fee oder Zauber warten, die alles raparieren und gut machen, kann diesem Land NIEMAND helfen!!!

  9. iris

    Liebe Nataliya,
    du hast mit Allem recht, und weißt du, was noch erschwerend hinzu kommt? Die Ukrainer haben schon mal selbst was gemacht (dachten sie jedenfalls 2004),aber geändert hat sich alles nur zum Schlechteren und nicht zum Guten für sie. Ich denke, auch deshalb resignieren viele.

  10. Andreas S

    Ein Bild ist – wahrscheinlich unabsichtlich – sonderbar. Nämlich das mit dem Plakat. Denn auf dem Plakat steht “Du bist gefährlich bewaffnet”. Die Oma davor und schon wirkt das Bild skurril.

  11. cw

    @Andreas S.: Unabsichtlich? Das Bild ist bewusst so komponiert! Auch das kurzberockte und langbestiefelte Mädchen läuft dort nicht zufällig.

    Endlich, endlich fällt jemandem diese Feinheit mal auf. Danke.
    Der Mann auf dem Plakat ist doch dieser überschätzte, millionenschwere, metrosexuelle Fußballer, oder?

  12. cw

    @Iris: Zunächst musste ich dem Mädchen die Stiefel und den Rock kaufen. Danach das Plakat austauschen, aufs richtige Licht warten, beiden Frauen ein Zeichen geben, Mädchen patzte, Fotograf hatte die falsche Blende eingestellt и.т.д.

  13. iris

    @cw,
    sowas kenne ich bisher nur von Journalisten der “Blöd” und diversen anderen “seriösen” Zeitungen. ;)

  14. Alexander

    @cw
    Ich beneide Dich, dass Du noch die Zeit hast, jemandem so lange und gründlich zu folgen und daraus so eine aussagekräftige Bilderfolge zu machen.

    Mich persönlich bewegen diese Bilder leider nicht mehr so sehr, wahrscheinlich habe ich schon zu viele solcher Bilder in natura gesehen und bin abgestumpft…

  15. Andreas S

    Unsere Nachbarin in Kiew zieht sich nach einem ähnlichen Ausflug (wie auf den Bildern) stets um. Nach dem Betteln sieht sie anders aus als vorher. Bei ihr sind solche Klamotten Berufskleidung.

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