Zwei Riesen in einem erwachsenen Land

ODESSA/ILLITSCHOWSK, UKRAINE Seit heute ist die Ukraine volljährig. Odessas Militärparade zum Tag der Unabhängigkeit von der Sowjetunion (24. August 1991) habe ich allerdings geschwänzt – viel Neues hätte ich wahrscheinlich sowieso nicht gesehen – und stattdessen die Hafenstadt Illitschowsk besucht.

Dies ist bekanntlich ein unabhängiges und überparteiliches Blog, dennoch erlaube ich mir zur Feier des Tages eine dezente Empfehlung für die kommende ukrainische Präsidentschaftswahl. Ein Ausländer und Außenstehender hat ja manchmal den objektiveren Blick auf die politischen Verhältnisse. Ich habe ein bisschen im Altpapier Privatarchiv gekramt und bin auf eine nette Geschichte vom April 2008 gestoßen: Viktor Juschtschenko, der allseits unbeliebte Präsident der Ukraine (von heute an nur noch: AUPU), verschenkt einen Mini-Van des Autobauers ZAZ. Der Beschenkte ist Leonid Stadnik, mit 2,55 Metern einer der größten Menschen der Welt, manche behaupten gar, der größte überhaupt. “Spiegel Online”, ganz gerührt von diesem sanften Riesen aus der Ukraine, macht ihn sogar drei Zentimeter höher, ist aber eh wurscht, weil der Kerl noch immer jedes Jahr einen Zentimeter wächst – mit fast vierzig. Ich frage mal ganz unschuldig: Kann, wer so an den kleinen großen Mann von der Straße denkt, kein guter Mensch sein?

Und wenn mir jetzt noch ein Ukrainer empfehlen würde, wem ich bei der Bundestagswahl meine Stimme geben soll, wäre mir sehr geholfen. (Bitte nur ernstgemeinte Vorschläge.)

20 comments

  1. cw

    Ich habe auch noch einen:

    “Man darf nicht die Frösche fragen, wenn man einen Sumpf trocken legen will.(Man wird nur ein großes Gequake hören.)”

  2. Axel

    Ich habe auch noch einen:

    “Wenn du den Schatten eines Riesen siehst, prüfe erst am Sonnenstand, ob es sich nicht um den eines Zwerges handelt.”

  3. Axel

    Was will mir Christoph W. damit sagen? Soll ich noch einen, oder hört der Spaß dann auf?

    Egal, einen Zungenbrecher (mit Zwergen) hab’ ich noch:
    “Zwanzig Zwerge zeigen Handstand. Zehn im Wandschrank. Zehn am Sandstrand.”

    Welcher Film?

  4. cw

    Von Martin Scorsese? Oder wenigstens mit Joe Pesci? Axel Spaghetti, gib Wese die Nase noch nen Tipp!

    Pesci ist übrigens auch im wahren Leben ein Stinkstiefel:

    Pesci ist in der Filmwelt berüchtigt für seine cholerischen Wutanfälle: So schlug er bei der Premiere von Wie ein wilder Stier (Raging Bull) aus Wut über Paparazzi zwei Kameramänner nieder; während der Dreharbeiten zu Casino schlug er Robert De Niro mehrere Male, weil er mit dem Drehbuch unzufrieden war; während eines gemeinsamen Urlaubs brach er Martin Scorsese die Nase. Jay Leno nannte Pesci „einen wahnsinnigen Irren“, und eine Reihe von Schauspielkollegen weigern sich, mit dem Oscarpreisträger zu arbeiten. Pesci selbst führt seine Gewalttätigkeit auf seinen Vater, ein Minenarbeiter, zurück, der ihn als Kind wiederholt brutal geschlagen habe.

  5. Axel

    Wese die Nase ist gut!
    Also, die Hauptrolle in dem Film spielt Warren Beatty, die Musik stammt (natürlich) von Ennio Morricone und es geht um die Gründung und den Aufbau einer Retortenstadt, die bis heute die Glücksritter dieser Welt magisch anzieht.

    Hey Nase, jetzt ist’s aber einfach!

  6. Axel

    Also gut, ich gebe Dir noch einen Tipp.
    Der Filmtitel ist der Spitzname des gesuchten Mafiosi, auf den dieser – im Gegensatz zu Dir, Nase – äußerst allergisch reagiert.

  7. Axel

    Richtig!
    Du hast einen Mini-Van von ZAZ gewonnen. Nächste Woche kommen der AUPU und Leonid Stadnik persönlich bei Dir vorbei, um ihn Dir zu überreichen.

  8. Alexander

    Überreichen? Besitzen die beiden neben großer Größe auch noch große Stärke? Gewinner im Baumstamm- Weitwurf?

    Und was heißt überhaupt AUPU? Habe ich den Artikel unaufmerksam gelesen?

    Ich überlege, ein internationales Austauschprogramm für amtierende Politiker anzuregen. So könnte Timoschenko auch mal in Tschechien Gesetze erlassen, Juschtschenko Erfahrungen als deutscher Bundespräsident in Deutschland sammeln und Merkel mal die Ukraine führen. Der Vorteil liegt auf der Hand: In der Ukraine würde dabei auch ab und zu zielführende, lösende Sachpolitik geschehen. Und die Inkompetenz einzelner Politiker würde nicht gezielt einem Land schaden, sondern auf mehrere Staaten verteilt werden, die diese Belastung wiederum leichter schultern könnten.

  9. cw

    Alexander, magst Du Deutschland nicht, oder warum willst Du unbedingt Juschtschenko zum Kurzzeit-Bundespräsidenten machen? Obwohl, viel Schaden kann man in diesem eher repräsentativen Amt vielleicht nicht anrichten.

    Ich glaube, die Tschechen werden sich auch bedanken, wenn Timoschenko kommt.

    AUPU=Allseits Unbeliebter Präsident der Ukraine – steht irgendwo oben in Klammern.

  10. Alexander

    Lieber cw,

    vielleicht habe ich es ja falsch formuliert. Bei einem Praktikum kann man einfach nicht so viel Schaden auf einmal anrichten wie auf einer unbefristeten Position, weder in Tschechien noch in Deutschland (dazu noch mit der begrenzten Macht eines Bundespräsidenten). Deshalb halte ich das Risiko eines Praktikums in den mitteleuropäischen Staaten für begrenzt.

    Mir ging es viel eher darum, welch erfrischende Vorwärtsentwicklung die jeweiligen Gegenpraktikanten aus Tschechien und Deutschland in der Ukraine auslösen könnten.

    Und ganz ehrlich – mit meiner Auslandserfahrung, gerade in der Ukraine, kann ich die Vorzüge meines Heimatlandes echt schätzen.

  11. cw

    Alexander, ganz ernsthaft, ich meine, es wäre für die Ukrainer unheimlich wichtig, Auslandserfahrungen zu sammeln. (Ob das für das Ausland immer gut wäre, ist eine andere Frage – auf lange Sicht wahrscheinlich schon.)

    Mein Eindruck ist, dass sich das Land kaum bewegt und augenblicklich vom Westen nicht lernen oder nur Einzelheiten wie den Wohlstand importieren will. Die Leute träumen zwar alle vom Westen, haben aber keine Vorstellung, was etwa ein demokratisches System nach westlichem Vorbild eben auch bedeutet: zum Beispiel Verzicht auf Korruption, Steuerehrlichkeit, Transparenz bei der Vergabe von Aufträgen und Aufstiegschancen, Leistungs- statt Seilschaftenprinzip, Toleranz, etwa gegenüber Homosexuellen. (Neulich hat mir eine junge Frau erzählt, schwule Männer könnten hier nicht händchenhaltend auf der Straße gehen, sie würden zusammengeschlagen. “Unsere Männer hassen Schwule.”)

    Vieles wird einfach mit dem Hinweis auf Traditionen abgelehnt. Nach dem Motto: Geht nicht, haben wir noch nie gemacht. Die Gesellschaft hat sich eingerichtet. Man merkt allerdings auch sehr genau, wer schon einmal in Deutschland war. Diese Leute wissen auch, dass der Westen nicht unbedingt ein Paradies ist, in dem alle Männer BWM fahren. Und sie erkennen auch deutlicher die Schwächen ihres Heimatlandes.

    Aber Du hast Recht: Wenn man in der Ukraine lebt, schätzt man Deutschland auf einmal sehr. Das Land erscheint sehr perfekt. Das Leben ist viel, viel einfacher, sorgenfreier, unkomplizierter. Und nebenbei: Deutschland ist ein hübsches Land.

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