Kein Krimi

(Axel) Irgend jemand, ich glaube, es war meine Oma, hat mich Anfang der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts einmal gefragt – ich war vielleicht drei oder vier Jahre alt: “Willst Du später einmal studieren?”
Ich habe das damals kategorisch verneint und Nachfragen mit der für mich unumstößlichen Feststellung begründet: “Weil Studenten ständig demonstrieren müssen”. Für mich war in jener Zeit das Bild des Studenten untrennbar mit jungen, langhaarigen Menschen verbunden, die Parolen skandierend durch die Straßen großer Städte zogen und mit Wasserwerfern oder schlagstockschwingenden Polizisten bekämpft werden mussten, täglich zu sehen in der guten alten Tagesschau – schwarz-weiß natürlich. Die Seite der Ordnungshüter war mir damals wesentlich näher und nachvollziehbarer, als diejenige der jungen Menschen, die ihren Unmut, ihren Protest und ihren Hass hinaustrugen auf die Straße, in die Hörsäle und in die Presse.
Dieses Bild hat sich schon wenige Jahre später grundsätzlich gewandelt. Easy Rider, Apocalypse Now, der legendäre Woodstock-Film – ja auch der unsägliche von Trotta Film Die bleierne Zeit und nicht zu vergessen viele Berichte, vor allem aus dem Spiegel, haben mein ordnungspolitisches Weltbild gründlich verändert, weg von der Uniform, hin zur ungewaschenen Jeans.

Am Wochenende waren die Liebste und ich, zusammen mit unserer siebzehnjährigen Nichte und deren Freund im Kino: Der Baader Meinhof Komplex – auf ausdrücklichen Wunsch der Nichte.
Jüngere Zeitgeschichte, vom Nationalsozialsmus einmal abgesehen, würde in der Schule nicht sehr intensiv behandelt, allenfalls am Rande erwähnt, so die Nichte. Vor allem die RAF würde sie interessieren, wie sie entstanden ist, welche Ziele sie hatte, wie sie organisiert war und überhaupt …

Ich bin mir nicht sicher, ob der Film alleine die Fragen der Nichte und ihrem Freund beantwortet hat – wohl eher nicht. Erst auf der Fahrt vom Kino nach Hause und dann bei einem Absacker im heimischen Wohnzimmer haben wir mit etwas Nachhilfeunterricht nach bestem Wissen versucht, die Geschichte der RAF und deren Folgen abzurunden. Wir sprachen über die Kolumnen der Ulrike Meinhof, über die Jubelperser, über Stefan Aust, die Springer-Presse, und über die zweite und die dritte Generation der RAF, deren Wirken auch wir in den späten siebziger und frühen achtziger Jahren hautnah miterlebt hatten.

Grundsätzlich könnte man den Film abtun, als einen gut gemachten Actionfilm, der seinen Stoff aus geschichtlichen Ereignissen bezieht. Das gab es schon sehr oft und wurde in den wenigsten Fällen moniert. Dass es in diesem Fall anders ist, und die Presse den Film hauptsächlich negativ, bestenfalls neutral beurteilt, hängt wohl mit dem Stoff an sich zusammen, dessen Auswirkungen zum Teil tiefe Wunden im kollektiven Gedächtnis der Deutschen hinterlassen haben.
Ausschließlich Geschichtsunterricht jedenfalls, hatte der Baader Meinhof Komplex nicht zu bieten. Das hatten wir ehrlich gesagt auch nicht erwartet und schon gar nicht erhofft. Stattdessen gab es Aussagen wie Ficken und Schießen sind ein Ding. Baader soll das gesagt haben, zu den Ausbildern im palästinensischen Terrorcamp, weil die sich über die nackt sonnenden Terroristinnen mokiert haben. Baader bleibt damit, wie das in Aufarbeitungen der RAF-Thematik schon häufig der Fall war, eine äußerst zwielichtige Gestalt, bei dem man sich (wieder einmal) die Frage stellen darf, ob es ihm wirklich um die Sache ging oder er stattdessen nur an seiner chauvinistischen Selbstverwirklichung interessiert war. Porsche fahrend, mit der Knarre in der Hand und die ihn umgebenden Flintenweiber ständig “Fotzen” nennen, das war Baader und das hat offensichtlich ausgereicht, eine der kaltblütigsten Terroreinheiten Europas anzuführen.

Zugegeben, der Film ist laut und aggressiv, ständig kracht es, es wird gebombt und es wird geschossen, aber dann konnte man plötzlich in den wenigen ruhigen Szenen die sprichwörtliche Stecknadel zu Boden fallen hören, so still war es im Kino. Aus einer dieser Szenen ergab sich schließlich auch einer der erhellendsten Momente des Films. Was bedeutet es denn, wenn Brigitte Mohnhaupt von ihrer Truppe verlangt: “Wir müssen es auf die harte Tour machen”?
Es bedeutet, das Magazin eines Maschinengewehrs auf einen Menschen leerzuschießen, der nichts weiter tut, als einen Dienstwagen zu fahren und der zu Hause eine Frau und vielleicht ein paar Kinder hat. Und wenn eine putzige, namenlose, blonde, kleine Terroristin bei der Lagebesprechung dieser Tat das Angebot der Mohnhaupt annimmt, auszusteigen, wird sie sich doch ihr Leben lang den Vorwurf gefallen lassen müssen, diese Aktion mit insgesamt vier Toten nicht verhindert zu haben.
Viele von uns hätten damals die putzige, namenlose, blonde, kleine Terroristin sein können. Gerne haben wir uns verrannt und schnell waren wir dabei, einem zu glauben, der uns unsere bourgeoise Lebensweise um die Ohren gehauen hat.
“Kein Krimi?” hat mich die Nichte ungläubig nach dem Film gefragt.
“Nein, kein Krimi. Alles so passiert”, habe ich geantwortet.
Unmerklich hat sie den Kopf geschüttelt und ich meine, sie war etwas blass um die Nase.

Ein paar lesenswerte Rezensionen aus Großbloggersdorf zu dem Film Der Baader Meinhof Komplex gibt es bei
Coffe and TV
Spreeblick
Boschblog
Anke Gröner

Urlaubsvertretung

ODESSA, UKRAINE Ich verziehe mich für eine Woche in den Urlaub und vertraue meinem geschätzten Kollegen Axel dieses Blog an. Er hat versprochen, dass er gelegentlich die Post holt, den Müll runterbringt, lüftet und den Hungrigen ein paar frische Leckereien in den Kühlschrank hinstellt. Mehr weiß ich nicht. Falls er eine Kreativkrise hat, wovon ich nicht ausgehe, schicken Sie ihn bitte in den Keller. Dort stehen Gläser mit eingeweckten Texten, die ich eigentlich erst im Winter öffnen will. Aber im Notfall soll Axel den Staub wegpusten und das Zeug aufmachen.
Ich habe ihm gesagt, er müsse aufpassen, dass er sich nicht mit Hitleritis ansteckt. Ich muss erst noch desinfizieren. Rufen Sie den Onkel Blogtor, falls Sie bei Axel Beschwerden entdecken.
Bitte benehmen Sie sich. Ich will keine Klagen hören, wenn ich zurückkomme. Danke. Wird schon. Trotzdem wird Axel, der Tiger Woods der Blogosphäre, die Kommentare erst freischalten. Im Gefängnis gibt es nämlich keinen Golfplatz.
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=a6obqCMtRt0[/youtube]

Ja, ich bringe was Schönes aus dem Urlaub mit.

Kolumne: Über Schurkenblogs

ODESSA, UKRAINE Mein Freund Oleg hat mich vorhin umarmt, ziemlich lange und innig sogar, ich glaube aber, dass es ihm ein bisschen unangenehm war, er musste sich bestimmt überwinden. In der Öffentlichkeit umarmen sich Männer eigentlich nur, wenn sie nicht mehr nüchtern sind oder im Fußballstadion stehen. Meistens kommt beides zusammen. Die Ausnahmen sind älter und haben einen Bauch als Panzer. Oleg aber ist sportlich. Er war also sehr tapfer.

„Und wegen der Nudeln rückst du mir so auf die Pelle?”, fragte er danach.

20 Blogger, 20 Meinungen

Wir hatten uns am Strand verabredet, ich brauchte Ruhe und wollte das Rauschen der Wellen hören. Ich bin mit den Nerven runter, seit ich mich zu lange mit der Blogosphäre beschäftigt habe, es ist alles zu viel für mich. Bei jedem Thema, das ich im Internet nachschlage, stoße ich auf mindestens 20 Meinungen und 20 Blogger, manchmal gibt es sogar mehr Meinungen als Blogger. Ich würde nicht unbedingt sagen, dass sich die Stimmen sinnvoll ergänzen, aber vielleicht darf man das auch nicht erwarten, wenn Oberlehrer aufeinander treffen. Der eine manipuliert, der andere kopiert, noch ein anderer spioniert, recherchiert und ejakuliert, was der eine manipuliert und der andere kopiert. Solche Sachen lese ich jeden Tag. Ich weiß nicht mehr, wem ich noch glauben kann.

Ich bin beim Arzt gewesen, ich wollte mich krankschreiben lassen und den Schein bei WordPress Deutschland abgeben, ich kann ja nicht einfach unentschuldigt am Arbeitsplatz fehlen – jedenfalls nicht länger als drei Tage. Ich kenne doch die Kollegen. Nehmen wir nur mal Axel. Klar, Axel ist ein feiner Kerl, er hat Oleg bei der Bayernwahl geholfen, er vergisst nie meinen Geburtstag und hilft mir auch, wenn ich die Technik nicht begreife. Trotzdem würde er bei den Kollegen rumerzählen: „Unser Kolumnist in Odessa macht gerade blau, also, wenn ihr mich fragt: Der ist ausgebrannt, klassisches Burn-out-Syndrom, der bringt’s nicht mehr. Bis zur Rente schafft es unser Sensibelchen nie und nimmer.”

Ärzte und die Ehrfurcht vor Durchfall

Ich habe dem Arzt in Odessa natürlich nichts von den Nerven erzählt. Er ist Allgemeinmediziner. Männern dieser Fachrichtung kommt man besser nicht mit den Nerven. Einem Allgemeinarzt hatte ich vor vielen Jahren etwas von Schlafstörungen erzählt, um eine Krankschreibung für die Prüfung zu erhalten. „Sie müssen die Augen zumachen”, hatte er gesagt und gelacht. Seitdem habe ich Durchfall, wenn ich eigentlich etwas mit den Nerven habe. Allgemeinmediziner haben eine tiefe Ehrfurcht vor dem Durchfall, ich glaube, sie diagnostizieren nichts so gern wie Magen-Darm-Infektionen.

Mein Arzt sagte: „Sie haben sich irgendwo was eingefangen, eine Magen-Darm-Infektion ist unangenehm. Aber ich kann Sie trotzdem nicht krankschreiben, Sie sind kein Ukrainer.” Kaum hatte ich die Praxis verlassen, rief ich Oleg an und bat ihn, mit mir am Strand zu spazieren.

„Oleg, du weißt, ich bin Pazifist”, sagte ich und warf einen Stein ins Schwarze Meer. Plopp. „Ich habe den Dienst an der Waffe verweigert, bin aber auch nicht ausgemustert worden, wie mancher vermutet, wenn er mich sieht. Ich respektiere die Meinungsfreiheit, obschon sie bisweilen Gesülze produziert, ich verurteile Zensur und lasse mich auch beschimpfen, wenn ich so jemanden befriedigen kann. Das Internet ist eine tolle Errungenschaft. Sie bricht die Meinungshoheit einer Clique von Journalisten.”
„Komm zur Sache, Kolumnist”, sagte Oleg.
„Mein Pazifismus stößt an Grenzen. Schurkenblogs müssen besetzt werden. Wenn ich die Macht hätte, würde ich den Einmarsch befehlen. ”
„Wenn die Schurken in Odessa sind, könnte ich vielleicht was machen. Was brauchst du?”
“Humor”, sagte ich. “Wenigstens Selbstironie sollte der Sünder haben – also jedermann. Stammt von Wilhelm Busch.”
“Die Kunst des Zitierens ist die Kunst derer, welche unfähig sind, selbst nachzudenken”, sagte Oleg. “Voltaire.”

Der Nudels Kern

Ich habe Oleg erzählt, was geschähe, wenn ich an dieser Stelle schriebe, Nudeln seien das scheußlichste Gericht der Welt, ganz gleich, auf welche Weise man sie esse. Spätestens am nächsten Tag, vermutlich aber schon früher, würde mich der Blogger von http://der-nudels-kern.de mehr als al dente kochen und mir vorwerfen, dass die Wahrheit viel komplizierter sei: „Es gibt nicht die Nudel.” Die einzige Möglichkeit, angemessen zu reagieren, wäre Schweigen. Nichts wäre verheerender als der Kommentar: „Ich schreibe nun mal nicht für Nudelisten, sondern für Menschen.” Eine solche Verteidigung würde eine Diskussion auslösen, an deren Ende ich den Spitznamen „Ulknudel” verliehen bekäme und fortan ein Lieblingsfeind im Blog wäre. Würde ich mich zwei Wochen später in irgendeiner Form, vielleicht nur am Rande, über Strudel äußern, stünde Minuten später im Nudel-Blog: „Guckt mal, Ulknudel, äußert sich heute über Strudel.”

Dann umarmte mich Oleg.

„Du brauchst dringend Urlaub, Kolumnist”, sagte er. „Ich empfehle eine halbwegs einsame Insel, auf der es keine Nudeln gibt.”
„Was hältst du von Rügen?”, fragte ich.
„Keine Nudeln?”
„Ich glaube, keine Nudeln.”
“Dann fahren wir morgen los.”
“Du kommst mit, Oleg?”
“Nein, nein, du setzt mich bei Axel ab. Wir müssen doch die Bayernwahl auswerten”, sagte er. “Lass uns deinen Kolumnistenklamottenkoffer packen. Ich borge mir alles von Axel.”

Die Angst der großen Spieler

ODESSA, URKAINE Ich habe Stefan Chrobot am Rande der ersten deutsch-ukrainischen Partnerstädtekonferenz in Odessa gefragt, wie er die Krise im Land bewertet. Der Chef der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Kiew – offizieller Titel: Leiter des Regionalbüros für die Ukraine und Weißrussland – schaute zunächst, als sei meine Frage ein bisschen überflüssig. Versucht man sich zu erinnern, wann die Ukraine nicht in der Krise gewesen ist, fällt einem ja auch nicht viel ein. Sie ist ein Dauerzustand. Und auch Chrobot ist krisenerprobt. Vor fast dreieinhalb Jahren ist er als Leiter der Ebert-Stiftung von Bangkok nach Kiew gewechselt. Im April 2008 musste er verkünden, dass man sich aus Weißrussland zurückziehe. Dieses Büro im Reich des Diktaturs Aleksander Lukaschenko war ein Ort der Zuflucht für Regimekritiker und die einzige Vertretung einer ausländischen politischen Stiftung. Der Abschied aus Minsk musste trotzdem sein, um das Leben der Mitarbeiter nicht zu gefährden, wie Chrobot damals sagte. 

Vor einer Woche hat Präsident Wiktor Juschtschenko das Kiewer Parlament aufgelöst, nachdem die Koalition von Unsere Ukraine und dem Block Julia Timoschenko am Georgienkonflikt und dem Umgang mit Russland zerbrochen war. Es wären die dritten Wahlen in drei Jahren. Ob das Parlament die Gesetze verabschiedet, die Juschtschenkos Erlass stützen, scheint offen zu sein. Es ist möglich, dass Abgeordnete über Parteien hinweg die Wahl verhindern wollen, und die ersten Politiker – auch von der Präsidentenpartei Unsere Ukraine – haben ein Nein gegen Juschtschenko bereits angekündigt. Sogar das Verfassungsgericht als Instanz, die Einspruch erhebt, wird ins Spiel gebracht.

“Viele Abgeordnete haben noch kein Rückfluss an Rendite”, sagt Chrobot. Sie hätten, vor nicht einmal einem Jahr gewählt, viel investiert – nicht nur in den Wahlkampf. Listenplätze werden oft verkauft. “Dieses Geld ist noch nicht zurückgeflossen.” In der Ukraine ringen Politiker – mehr als anderswo, zumindest ungenierter – um Einfluss, um Geld und Geschäfte. Die Bereitschaft, Kompromisse zum Wohle des Landes zu schließen, ist kaum ausgeprägt. “Das ist besorgniserregend.” Abgeordnete sind bisweilen schwerreiche Unternehmer, von denen jeder weiß, dass sie nicht im Geringsten das Volk vertreten – oder nur dann, wenn sich dies mit eigenen Interessen vereinbaren lässt. Da sich die Akteure allerdings schon seit Jahren oder Jahrzehnten kennten, bescheinigt Chrobot diesem System trotzdem Stabilität.

Für neuen Zusammenhalt der Zerstrittenen könnte die Weltfinanzkrise sorgen. Anzeichen gibt es, dass sie die Ukraine erreicht: Der Aktienmarkt ist zwischenzeitlich um 70 Prozent eingebrochen, die ersten Banken sind pleite, vor anderen bilden sich Schlangen, weil die Kunden Erspartes abholen, um die stürzende Griwna in steigende Dollar umzutauschen. Manche Automaten spucken nichts mehr aus. “Der Markt ist nicht so geschützt”, sagt Chrobot. Wie es weitergehe, hänge davon ab, wie die Finanzkrise im Rest der Welt gemeistert werde. Sollten die Investoren und Spekulanten aus Europa, Amerika und Russland keine Kredite mehr bekommen, wären viele Vorhaben in der Ukraine gefährdet: vor allem die riesigen und hässlichen Appartmenttürme, die zwischen Kiew und Odessa in den Himmel wachsen.

Chrobot glaubt, das eine existenzielle Not die “großen Spieler” in der ukrainischen Politik zwingen würde, wieder verstärkt zusammenzuarbeiten und dem nationalen Interesse zu dienen. Allerdings müsse die Krise  den persönlichen Besitz bedrohen. “Wenn es nur um nationale Interessen geht, wird das nichts.”

Übrigens: Über die erste deutsch-ukrainische Städtepartnerschaftskonferenz berichte ich nichts; das war mir inhaltlich ein bisschen zu dünn. Der Chronistenpflicht halber bringe ich drei Bilder.

Der neue deutscher Botschafter in Kiew: Hans-Jürgen Heimsoeth (l.) und Odessas Oberbürgermeister Eduard Gurvits
Heimsoeths Vorgänger in Kiew: Ex-Botschafter Eberhard Heyken, heute Vorstandsmitglied des Deutsch-Ukrainischen Forums, Magdeburg
Gefragter Mann: der Botschafter zu Besuch in Odessa
Gefragter Mann: der Botschafter zu Besuch in Odessa

Bauer vs. Intelligenzija

Markt2
Stadt Kowel, Mai 2008

Wenn man den durchschnittlichen Bauern in der Ukraine nach seiner Nationalität fragt, wird er antworten, er sei griechisch-orthodox; wenn man ihn drängen würde zu sagen, ob er ein Großrusse, ein Pole oder ein Ukrainer sei, wird er wohl antworten, er sei ein Bauer; und wenn man darauf besteht zu erfahren, welche Sprache er spricht, wird er sagen, dass er “die Sprache von hier” spricht. Vielleicht könnte man ihn dazu bringen, sich mit einem richtigen Nationsnamen zu bezeichnen und zu sagen, er sei “russki”, doch das wäre kaum eine Vorentscheidung der Frage nach einer Beziehung zur Ukraine; er denkt über Nationalität einfach nicht in den Begriffen, die der Intelligenzija vertraut sind. Wenn man also herausfinden will, welchem Staat er gerne angehören möchte – ob er von einer allrussischen oder einer besonderen ukrainischen Regierung regiert werden möchte -, wird man erfahren, dass seiner Meinung nach alle Regierungen eine Landplage seien und dass es das beste wäre, wenn das “christliche Bauernvolk” sich selbst überlassen bliebe.

Britischer Diplomat, 1918

zitiert nach Orlando Figes: Die Tragödie eines Volkes, Die Epoche der russischen Revolution 1891 bis 1924, Berlin 2008, S. 92.

Makarchuk mit neuem Klub

(wese) Der ukrainische Fußballstar Nationalspieler Fußballer Mykola Makarchuk spielt künftig für NRW-Ligist SV Schermbeck. Wie RP Online berichtet, hat der Mittelfeldspieler einen hochdotierten Vertrag unterschrieben.  „Ich bin froh, dass wir uns einig geworden sind. Denn Mykola Makarchuk ist ein Spieler, der uns auf Anhieb weiterbringt“, sagte Trainer Martin Stroetzel.

Der 25-Jährige Ukrainer, von mehreren Spitzenklubs umworben zuletzt vereinslos, stand bereits länger auf der Wunschliste des SV. Vor Jahren wäre Makarchuk fast nach Schermbeck gewechselt, entschied sich aber wegen des besseren Angebots warum auch immer für Westfalia Herne. Mit dem spektakulären Transfer, der weltweit Schlagzeilen macht bei Google News erscheint, wenn man nach “Ukraine” sucht, erhofft sich Schermbeck ein Ende der sportlichen Talfahrt. Der Klub liegt derzeit nur auf Rang 13.  „Wir hatten im Mittelfeld Handlungsbedarf, da wir in diesem Bereich spielerisch hinterherhinken“, sagte Stroetzel.

Heute Abend tritt Schermbeck in der fünften Runde des Kreispokals bei Landesligist Teutonia Waltrop an.

König Joseph und die Russen

Ich habe ganz vergessen, zwei Texte zu empfehlen. Der wunderbare Sportjournalist Jens Weinreich erzählt in seinem Blog, was der nicht so wunderbare Fifa-Präsident Joseph Blatter mit der Russenmafia zu tun hat. Das ist die erste Geschichte. Und dann lässt der großartige Weinreich den auf seine Art auch großartigen Hans Klaus, Kommunikationsboss des Weltfußballverbandes, erzählen, was Blatter nicht mit der Russenmafia zu tun hat: @ email von der Fifa. Das ist die zweite Geschichte.
Klingt kompliziert, ist es auch. Und dabei habe ich den Namen Alimsan Tochtachunow schon weggelassen, um Sie nicht ganz zu verwirren, obwohl Sie eigentlich hier im Ostblog sind. Sagen wir einfach: Es geht um Russland, Fußball, Kohle, schwedische italienische Gardinen, Marlon Brando und Druschba. Reicht doch. Nun gehen Sie schon rüber!

Kommentare eingeschaltet

Das Kommentieren der Beiträge ist – mit einer Ausnahme – wieder möglich. Ich behalte mir aber das Recht vor, die Kommentare von Leuten zu löschen, die mit einer erfundenen E-Mail-Adresse nur zum Pöbeln anrücken. Warum? Nun, es könnte damit zu tun haben, dass ich für den Kram hafte.

In eigener Sache: Kommentare abgeschaltet

Ich habe die Kommentarfunktion soeben für alle Beiträge abgeschaltet. Einige Damen und Herren werden jetzt Zensur schreien. Es sind übrigens dieselben, die aufrufen, mich zur Strafe für die Recherche über die Hitler-Profile bei Skype kräftig zuzumüllen, oder diesen Befehl gehorsamst ausführen.

Ich habe auch ein bisschen Angst, das Niveau – wenn man es so nennen will – könnte noch tiefer rutschen als in den letzten veröffentlichten Kommentaren. Das will ich dem Niveau nicht antun.

Die anderen Leser bitte ich um Verständnis für diese Entscheidung. Es bleibt eine Ausnahme.

Nachtrag, 23.22: Himmlich, diese Ruhe! Ich habe gerade in den Kommentaren, die ich wegen der Verweise auf eine radikale Homepage erstmal gelöscht hatte, die Kommentare nachgetragen. Sagen wir: Mir war langweilig. Oder: Ich schlafe so besser. Vielleicht auch: Dass ausgerechnet Adolfs Freunde sich beklagen, andere, nun ja, Meinungen würden zensiert und unterdrückt, fand ich, nun ja, irgendwie großartig und sensationell.

Nachtrag, 0 Uhr: Ich ärgere mich gerade braun, dass ich die Diskussion abgewürgt habe. Mir ist schon wieder langweilig, aber jetzt sind ja keine Kommentare mehr da. Setz ich doch mal einen Link gegen die Langeweile. So hat alles angefangen.
Sie lesen das mal schnell und denken sich Ihren Kommentar, und ich gucke mal schnell bei Skype, ob ich jemanden finde, den ich anrufen kann.

Nachtrag, 1 Uhr: Ich bin’s noch mal. Kann mir bitte jemand verraten, wie ich den mitlaufenden Text bei dem Radiomitschnitt von Fritz verändern kann? Achso, geht nicht, die Kommentare sind ja geschlossen. Tschuldigung, wollte nicht stören. Ja, noch immer Langeweile.