Dumm und Duma

Orlando Figes: Die Tragödie eines Volkes

Das Taurische Palais war Geburtsstätte, Zitadelle und Friedhof der russischen Demokratie. Bis Februar 1917 war es Sitz der Duma. (…) In dieses elegante Palais brachten die bäuerlichen Duma-Abgeordneten die politische Kultur ihrer Dorfscheunen. “Man musste sich nur in diesem bunten Haufen von … ,Abgeordneten’ … umsehen”, bemerkte ein schockierter höherer Beamte, “und man schauderte angesichts dessen, was sich einem da als Russlands erste Abgeordnetenversammlung darbot. Es war eine Ansammlung von Wilden. Offenbar hatte die russische Provinz alles, was es dort an Barbarischem gab, nach Petersburg gesandt.” (…) Der muffige Geruch vom billigen Tabak der Bauern und ihrer Kleidung füllte die langen Gänge des Palais. Der Boden war übersät mit den Spelzen ihrer Sonnenblumenkerne, die sie trotz aller Verbotsschilder überall hinspuckten, da die meisten von ihnen gar nicht lesen konnten. Einige Bauernabgeordnete betranken sich in Kneipen, gerieten in Schlägereien, und wenn versucht wurde, sie zu verhaften, beriefen sie sich auf ihre Immunität als Duma-Abgeordnete. Zwei erwischte man sogar dabei, wie sie “Eintrittskarten” ins Taurische Palais verkauften. Es stellte sich heraus, dass sie bereits kleinerer Diebereien und Schwindeleien überführt worden waren, weshalb man sie eigentlich von der Wahl hätte ausschließen müssen.

Zum Glück ist heute alles ganz anders.

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