Grenzverletzung

KUTSCHURGAN/ODESSA, UKRAINE Ich habe nicht vor, mich an Kutschurgan zu rächen. Immerhin habe ich dort mein Auto wieder legal machen können. Ach, ich hatte mir es so schön vorgestellt: Alle zwei Monate fahre ich zur moldawischen Grenze und verlasse die Ukraine, reise wieder ein, kurve weiter legal herum und muss mein Auto nicht in Odessa registrieren lassen, was ein bürokratischer Marathon wäre, zumal ich ja irgendwann nach Deutschland zurückkehren werde.

Vor ein paar Tagen allerdings – beim zweiten Besuch in Kutschurgan – hat man mir sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass ich nicht wiederkommen solle. “Das war das letzte Mal”, sagte ein hohes Zollschaf, das sich noch an meinen ersten Besuch erinnerte. Es störte sich offenbar daran, dass ich nicht richtig in Moldawien gewesen war, sondern gleich nach Verlassen des ukrainischen Zollbereichs gewendet hatte. Das machen andere auch, und den Moldawiern ist es sowieso recht, schließlich ist die Einreiseschlange schon lang genug. Die Ukrainer indes fühlen sich offenbar verschaukelt.

Ich bin nicht besonders nachtragend, aber muss so eine öffentliche Toilette an einer Grenze aussehen – an einem Ort also, wo auch Familien stundenlang im Auto sitzen und warten?

Ist das überhaupt eine Toilette? Denke ich vielleicht ein bisschen zu spießig, pathetisch und deutsch, wenn ich mir vorstelle, dass für manchen ausländischen Gast dieses Klo der erste Eindruck ist, den er von der Ukraine bekommt? Ich habe in 15 Monaten in diesem Land ein Menge schlimmer Toiletten gesehen und teilweise auch benutzt – aber das ist die beschissenste von allen.

Und seien Sie froh, dass das Internet noch keine Gerüche transportieren kann.

8 comments

  1. Doctor Robert

    Lieber Christoph,

    das Klo erinnert mich ein wenig an den Film Trainspotting. Obwohl dein Foto eigentlich sogar noch schlimmer ist als die Filmszene.

  2. Doctor Robert

    @cw: Was jetzt?
    Meinst du: Ist das Bild so schlimm?
    Antwort: Ja, denn Trainspotting ist nur ein Film, aber die Toilette auf dem Bild ist für viele Reisende wohl die einzige Lösung. Vielleicht hat sich Trainspotting auch von diesem Klo inspirieren lassen.

  3. Anderl

    Ich hatte von den berühmten ex-sowjetischen Toiletten schon gehört, als ich einst – vorgewarnt, aber dennoch nichtsahnend -
    die Tür einer portablen Toilette im Kiewer Baikowa-Friedhof öffnete. Ich habe die Tür sofort wieder geschlossen und meine Freundin gar nicht erst einen Blick reinwerfen lassen. Es war Winter, glücklicherweise roch man nichts.

    Die Frage, die sich mir stellte, war nachher nur: Wie haben die das überhaupt geschafft (es waren mehrere, keine Frage, ein einzelner kann so was gar nicht) die gesammelten Abfallprodukte einen vollen Meter die Wände hochzuschmieren? Vom Boden und dem eigentlich Klositz ganz zu schweigen (ja, er war noch sichtbar, gerade so). Ist die Toilette in vollem Zustand vom einem Ort zum anderen transportiert worden, über eine der berühmten ukrainischen Schlaglochstraßen? Wie anders ist die Tat rein mechanisch überhaupt durchführbar?

    Seither habe ich gehörigen Respekt vor öffentlichen Toiletten.

  4. hhheimat

    Lieber Herr Wesemann.
    Beeindruckend ist ja vor allen Dingen, mit welcher Liebe der Mensch aus edlem Naturstein Aborte erbaut und mit welcher Verzweiflung er sie anschließend zuscheißt.
    Mich erinnert dieses Bild nicht an Filme aus Hollywood, sondern an mein sozialistisches Vaterland, die Deutsche Demokratische Republik.
    Im Bahnhofsklo meiner Heimatstadt stand bis zu Herbst 1989 immer ein sohlen- bis knöchelhoher See aus Urin. Je nach Tiefgang entschieden sich die verzweifelten Nutzer für den langsamen (sonst spritz es an die Socken) Gang zu Urinal oder für den freien Urinablass vom Nichtschwimmer- in den Schwimmerbereich. Und das ist WAHR!!!
    Seit 1990 existiert dieser See aus Urin nicht mehr. Ruckartig war er beseitigt.
    Seitdem hege ich den Verdacht, das die Urintiefe auf dem Fußboden bzw. die Beschisshöhe der Wände (Ihr Bild) etwas mit der Gesellschaftsform zu tun hat. Zweifellos gibt es punktuelle Ausnahmen.
    Gern würde ich im Jahr 7009 nocheinmal für eine Stunden leben, um zu erfahren, wie die Archäologie diesen Ort (Ihr Bild) nach der Ausgrabung bewertet. Epidemie, Wettkampf, ….., oder einfach nur als zugeschissenes Klo.
    Gibt es in ukrainischen Autos die Klorolle auf der Rückablage mit der schönen Strickmütze aus Muttis Produktion? Das war ja die Geheimwaffe in meinem sozialistisches Vaterland……. Und Bäume gibt es ja überall.

  5. ukraine-tourist

    das gesetz wurde 09 geändert, 90 tage visafrei,dann 90 tage raus für alle ausländer die sich touristen nennen,

    und ich find daß es großkotzige ausländer die sich noch im internet über schlechte zustände lustig machen auch verdient haben

  6. cw

    Ich weiß nicht, ob Sie den Text gelesen haben – verstanden haben Sie ihn offenkundig nicht. Ich habe sechsmal neunzig Tage in der Ukraine gelebt. Mit den neunzig Tagen, die ein Tourist ohne Visum in der Ukraine leben darf, hat dieser Text rein gar nichts zu tun (so wenig wie ich mit einem Touristen).

    Im Übrigen habe ich mich nicht lustig gemacht, ich habe mich geärgert – weil sich dieses tolle Land so um das Geliebtwerden bringt.

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