Kategorie: Scherzartikel

Besser als Odessa

1. In Kiew gibt es Treppenhäuser, die nicht wie eine Klinik für inkontinente Katzen riechen.

2. Kiewer Verkäuferinnen geben selbst kleines Wechselgeld zurück. Ich habe in vier Tagen mehr Ein- und Zweikopekenmünzen gesammelt als in 16 Monaten Odessa.

3. Der Taxifahrer: “Der Porsche Cayenne ist in Kiew ein Mittelklassewagen.”

4. Kiew hat einen schönen Zoo. Odessa hat einen Zoo.

5. Kiews Klos sind auch nicht schlecht.

Nachtrag: Entschuldigung, mein Blog hatte sich ein paar Stunden totgestellt. Mein großartiger Webmaster hat es aber reanimiert. Wenn ich groß bin, werde ich auch Webmaster. Im nächsten Leben werde ich auch Webmaster. Und vielen Dank an iris für den Notruf.
Nachtrag 2:
Ganz unten ist jetzt Claudias Klo aus Kiew, erbeten von Nataliya.


Barrierenrepublik Ukraine

KIEW, UKRAINE Ich verlange hiermit, der Ukraine sofort die Fußball-EM 2012 zu entziehen – und ihr überdies nie wieder die Austragung eines sportlichen Großereignisses anzubieten. Vielleicht bin ich zu streng, aber ich habe vier Tage lang Kinder und Kinderwagen durch Kiew geschleppt – hinunter zur U-Bahn-Rolltreppe und aus dem Metroschacht heraus, in alle möglichen Einkaufszentren, in Restaurants, auf Brücken und über Bordsteine, die mir bis zum Knie gingen. Ukrainer lieben Treppen und Stufen. Nichts ist barrierefrei. Und seit meinem längeren Besuch im Juli 2008 hat sich überhaupt nichts getan.

Und es macht mich wütend, dass die Herrscher dieses Landes einfach darauf setzen, irgendjemand würde ihnen die Infrastruktur EM-tauglich machen und auch noch dafür bezahlen, es machen zu dürfen.

(Ein Teil meiner Wut hat sicher auch damit zu tun, dass seit gestern mein Internet so langsam ist, als würden die Daten in einem Kinderwagen zu mir geschoben. Zwischendurch passiert natürlich stundenlang überhaupt nichts.)

Anti-Reinplumps-Sicherung

ODESSA, UKRAINE Dies ist eine Anleitung für den Fall, dass es bei Ihnen mal so schlimm regnet wie bei mir in Odessa vor ein paar Tagen. Stellen Sie sich vor, es habe so schlimm geregnet, dass Ihr Hof aussieht, als sei der Abfluss verstopft. In Odessa zog sich ein Mann ein Paar Gummistiefel an und entfernte den Gullydeckel. Um ja niemanden in Gefahr zu bringen, hat er später freundlicherweise noch das Loch in Richtung Odessas Unterwelt markiert.

Sagen Sie unbedingt dem Hund der Nachbarin Bescheid und behalten Sie ihn ein bisschen im Auge. Bei mir im Haus ist es jedenfalls verdächtig still, aber vielleicht ist der Kleffer auch bloß verreist.

(Wahrscheinlich würde ich das alles viel, viel weniger komischer finden, wären meine Kinder alt genug, um auf dem Hof allein zu spielen. Das ist also eine Anleitung, wie sie es besser nicht machen, wenn es schlimm regnet.)

Datenunschutz und Kunst im öffentlichen Raum

ODESSA, UKRAINE Ich will Ihnen schnell zeigen, wie ernst in der Ukraine der Datenschutz genommen wird:

Das ist die Lehranstalt für Schwesterschülerinnen in der Puschkinstraße im Herzen Odessas. Und die weißen Zettel sind Prüfungsergebnisse und Zeugnisnoten. Vor jeder Zensur und jeder Punktzahl steht der Name der Schwesternschülerin. Das ist einerseits relativ praktisch, es erspart diese “Und was hast du? Sag schon!”-Anrufe der Mitschülerinnen. Andererseits bin ich ganz froh, dass in meiner Studienzeit hinter meinen Noten, die ausgehängt waren, nur meine Matrikelnummer stand.

Und wo wir gerade in der Puschkinstraße sind – so ernst wird in der Ukraine der Schutz wertvoller Kunstgüter genommen:

Hier werden Bilder aus dem frisch renovierten Museum für westeuropäische und orientalische Kunst (Hausnummer 9) geschafft – und das auf die denkbar professionellste Weise. Bitte beachten Sie unbedingt den Motorroller auf dem Anhänger. Ich verstehe jetzt ein bisschen besser, wie vor 13 Monaten aus diesem Museum  Caravaggios “Judaskuss” (geschätzter Wert: 100 Millionen Dollar) hat verschwinden können. “Der Täter habe die Fenster im Museum so geschickt geöffnet, dass der Alarm nicht losgegangen sei, erklärte der städtische Polizeichef.”

Na klar.

(Ich frage mich bis heute, warum sich der Dieb so viel Mühe gemacht hat. Er hätte das Gemälde doch einfach abnehmen und heraustragen können. Als ich im Museum war, saßen dort nämlich bloß drei steppummantelte Großmütter. Aber ich will niemanden auf Ideen bringen.)

Schöner wohnen

ODESSA/ILLITSCHOWSK, UKRAINE Hin und wieder werde ich gefragt, wie man in der Ukraine eine Wohnung finde. Das ist gar nicht so schwierig. Mal angenommen, es zöge Sie nach Illitschowsk, was ich für eine gute Idee hielte: kleine Perle am Schwarzen Meer, 51 Jahre alt, Stadtrecht seit 1973, 60000 Einwohner, viel Grünzeug, großer Hafen, keine Stunde mit dem Auto bis Odessa. Mieten? Oder besser doch gleich kaufen? Ein Zweizimmerwohnung in einem der vielen Blöcke, deren sozialistischer Charme noch nicht nicht wegsaniert worden ist, gibt es schon für 45000 Dollar. Ukrainern bedeutet ja eine eigene Wohnung alles – sie ist die einzige Sicherheit in schlechten Zeiten. Genauso wichtig ist ihnen übrigens der Brotpreis. Brot, lange nur auf Karte erhältlich, ist Beilage jeder Mahlzeit. “Brot ist Leben”, sagt ein Sprichwort. Der Preis dient als eine Art Gradmesser für Wohlstand, wirtschaftliche Gefahren und Inflation. Vor allem die Alten, die noch das Hungern erlebt haben, können bis heute Brot nicht wegwerfen, selbst wenn es verschimmelt ist. Eine große Rolle spielt neuerdings – seit er steigt und die Auto mehr schlucken – auch der Preis für Benzin.

Und ehe Sie sich jetzt einen teuren Makler suchen, der für die Vermittlung die Hälfte der ersten Miete in Illitschowsk verlangt, schauen Sie doch lieber selbst:

Dumm und Duma

Orlando Figes: Die Tragödie eines Volkes

Das Taurische Palais war Geburtsstätte, Zitadelle und Friedhof der russischen Demokratie. Bis Februar 1917 war es Sitz der Duma. (…) In dieses elegante Palais brachten die bäuerlichen Duma-Abgeordneten die politische Kultur ihrer Dorfscheunen. “Man musste sich nur in diesem bunten Haufen von … ,Abgeordneten’ … umsehen”, bemerkte ein schockierter höherer Beamte, “und man schauderte angesichts dessen, was sich einem da als Russlands erste Abgeordnetenversammlung darbot. Es war eine Ansammlung von Wilden. Offenbar hatte die russische Provinz alles, was es dort an Barbarischem gab, nach Petersburg gesandt.” (…) Der muffige Geruch vom billigen Tabak der Bauern und ihrer Kleidung füllte die langen Gänge des Palais. Der Boden war übersät mit den Spelzen ihrer Sonnenblumenkerne, die sie trotz aller Verbotsschilder überall hinspuckten, da die meisten von ihnen gar nicht lesen konnten. Einige Bauernabgeordnete betranken sich in Kneipen, gerieten in Schlägereien, und wenn versucht wurde, sie zu verhaften, beriefen sie sich auf ihre Immunität als Duma-Abgeordnete. Zwei erwischte man sogar dabei, wie sie “Eintrittskarten” ins Taurische Palais verkauften. Es stellte sich heraus, dass sie bereits kleinerer Diebereien und Schwindeleien überführt worden waren, weshalb man sie eigentlich von der Wahl hätte ausschließen müssen.

Zum Glück ist heute alles ganz anders.

Heiße Bratwürstchen (w.z.b.w.)

ODESSA/KIEW, UKRAINE Iris, die einstige inoffizielle Hauptstadtkorrespondentin dieses Blogs, hat mir drei schöne Fotos geschickt. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an die Diskussion zur Kolumne Oleg und das Kolumnistenketchup. Ich hatte leichte Zweifel, dass es in Kiew eine Bude gibt, in der Nürnberger Würstchen gegrillt werden. (w.z.b.w.)

Irowese

Sascha Lobo fährt durch Berlin

Dieses Thema passt nicht hierher. Es ist sogar mir egal, obwohl ich sonst zu allem eine Meinung habe.

Da mich aber mein Freund Axel gestern zum Photoshop-Friseur geschickt hat und überdies die Süddeutsche Zeitung heute über die missratene Vodafone-Werbung mit Sascha Lobo berichtet, traue ich mich aus der Deckung. Axel verdanke ich übrigens auch die feine Überschrift.

Schlechte Lobo-Wortspiele werden im Kommentarbereich angenommen. Axel darf nur mitmachen, wenn er nicht meine drei klaut, die ich ihm gestern Abend per Mail geschickt hatte: LoboXXXe, LoboXXp und Lobo sXXXXXs.